Adieu, ATV

Ich habe bei ATV gekündigt. Eine bittere Entscheidung war es. Denn ich verlasse ATV nicht, weil ich die Kollegen nicht mag oder meine Arbeit nicht gern gemacht hab, sondern weil mich die Umstände dazu veranlasst haben. Bitter, aber notwendig.

Als ich mich vor drei Jahren bei ATV, besser gesagt Klartext bewerben wollte, ging es mir finanziell nicht gut. Als freier Journalist ist das leider ein Dauerzustand. Ich war zu dem Zeitpunkt noch in Istanbul und musste mir Geld von meiner Mutter ausborgen, damit ich mir den Flug zurück nach Wien überhaupt leisten konnte. In Wien angekommen hatte ich damals mein Bewerbungsgespräch mit Martin Thür und Alexander Millecker im Gastgarten eines nahen Cafes. Hatte ganze drei Euros in der Tasche und konnte daher nicht mehr als ein Mineralwasser trinken. Ich hatte keine Ahnung von TV, war mit dem Thema Integration eher in einer Nische unterwegs und ja, ich war Ausländer. Keine gute Ausgangslage und ich brauchte den Job dringend, weil ich kurz davor war den Journalismus an den Nagel zu hängen.

Und man gab mir damals die Chance. Drei Jahre ist das her. Heute muss ich mir kein Geld mehr von meiner Mutter ausborgen, wenn ich nach Istanbul fliegen will. In diesen drei Jahren wurde ich ein besserer Journalist, konnte mir von der Recherche-Maschine Martin Thür einiges abschauen und lernen (dank dir, Martin!) und wisst ihr was noch? Ich bin angekommen.

Ich empfinde mich nicht mehr als Außenseiter, weder in der Branche, noch in der österreichischen Gesellschaft. Da ich die letzten drei Jahre mit Menschen verbringen durfte, die mich als einen der Ihren wahrgenommen und behandelt haben. Ob es nun diplomatischen Zwist mit Erdogan gab, ob es islamistische Attentate in Europa gab, ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass mich deswegen jemand komisch ansieht oder anders behandelt. Das ist sehr kostbar. Zumindest für mich.

Aber bevor ich nur noch Kitschiges von mir gebe, will ich einfach nur allen bei ATV danken: Den KollegInnen, den Kameraleuten, den Cuttern, einfach allen.

Denn auch wenn ATV einen umstrittenen Ruf hat – bei Unwissenden, bitte! – ist die Info-Abteilung (ATV Aktuell, Klartext) eine unterschätzte, aber ganz, ganz feine Schmiede für gute und vor allem unprätentiöse Journalisten. Das macht die Kollegen so erfolgreich und ich bin dankbar dafür, von dieser Schmiede zu stammen.

Und all jene, die sich nun fragen, was ich denn machen werde, sei so viel gesagt, ich bleibe dem österreichischen Journalismus erhalten.

Dank ATV.

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