Eine Diskussion, die von Muslimen handelt, aber unter Ausschluss von Muslimen erfolgt, ist wahrlich keine Seltenheit in diesem Land. Im Grunde ist es die Quintessenz aller Diskussionen rund um Islam & Integration. Nun sind wir also beim Thema Zirkumzision angekommen:
Über etwaige Vor- und Nachteile der männlichen Beschneidung zu sprechen, soll Aufgabe von medizinischen Fachtagungen bleiben, und es würde auch die eigentliche Problematik der KritikerInnen nicht tangieren, denn denen geht es vordergründig um das Kindeswohl und die verordnete Beglückung durch ihre Definition von „Aufklärung“.
Dem Kind würde eine Entscheidung abgenommen und es sei gar ein krasser Fall von Menschenrechtsbruch, wenn die muslimischen oder jüdischen Eltern ihren Sohnemann beschneiden lassen würden. Selbst Vergleiche zur so genannten „Beschneidung“ bei Frauen, die tatsächlich nichts anderes als Verstümmelungen im Dienste patriarchaler Gesellschaftsnormen sind, werden nicht gescheut. Der Rechtsstaat wird ebenso gerne bemüht, wenn es doch um das Kindeswohl ginge:
Illusion vom neutralen Rechtsstaat
Doch an dieser Stelle sollten gerade linksliberale Geister aus Medien und der Zivilgesellschaft, die diese Diskussion (mit-) führen und (mit-) angefacht haben, innehalten, denn sie bedenken nicht, dass das Einstehen für einen totalen (nicht totalitären) Staat, der sich selbst in die intimsten Entscheidungen von Eltern und damit mündigen und steuerpflichtigen Bürgern einmischen kann und darf, kein progressiver Akt ist, sondern das berüchtigte Spiel mit dem Feuer. Heute mag es um Beschneidungen bei muslimischen und jüdischen Buben gehen, die wir gesellschaftlich ächten wollen, aber bereits morgen kann es ebenso die Gesamtgesellschaft treffen, wenn sich ein Staat mit einem solchen Verständnis diese Grenzen hin zur Eigenverantwortung seiner BürgerInnen nicht mehr auferlegen lassen will. Wer den Staat für die bessere Adresse zwecks Kindererziehung hält, der soll sich einmal in staatlichen Kinderheimen umsehen.